Nachname
Simoner
Vorname
Theresia
Geschlecht
Unbekannt
Alter
42
Geburtsdatum
01.01.1900
Geburtsort
Kötschach-Mauten
, Österreich
Todesdatum
29.12.1942
Todesort
LKH Klagenfurt
, Österreich
Gruppe
Euthanasie
Freitext
Theresia Simoner, geboren am 1.1.1900, heiratete als junge Frau nach Kötschach, wo sie bis zu ihrer zweiten Einweisung in das Klagenfurter „Gaukrankenhaus“ mit ihrem Mann und ihren Kindern lebte. Eben dort wurde sie schließlich ermordet. Wie konnte es soweit kommen?
Theresia Simoner, so viel steht fest, war eine starke Frau, die sich nichts gefallen ließ. Ein Umstand, der nicht gern gesehen war. Bereits Ende Juli 1938, also nach dem „Anschluss“ im März desselben Jahres, wurde ihr eine Tochter weggenommen und ins „Altreich“ verschickt, wo sie später schwer erkrankte. Dies war ein Schlag für die Mutter, welchen sie nicht ohne weiteres überwinden konnte und der verständlicherweise auch seelische Folgen für sie haben sollte. Nichtsdestotrotz lehnte sie den „Deutschen Gruß“ weiter ab. Die Wortwahl des im und für den Ort verantwortlichen Arztes Dr. Georg Josef Weinländer, welcher 1938 die Familie und Theresia Simoner in einem Brief beschreibt, deutete bereits an, wie im NS-Regime mit Menschen, welche nicht mit der NSDAP konform gingen bzw. nicht ins System „passten“, verfahren werden konnte. Die Geschichte der Theresia Simoner wird noch pikanter, da ihr Arzt Dr. Georg Josef Weinländer im diffamierenden Nazijargon als „Halbjude“ galt und 1940 auch auf einer Liste der Juden im Kreis geführt wurde. Er scheint des Weiteren im NS-Ärzteregister des Bundesarchivs Deutschlands auf. Im Gegensatz zu Dr. Albert Theodor
Menninger-Lerchenthal aus Hermagor sollte Dr. Weinländer seine berufliche Tätigkeit ohne größere Behinderungen fortführen können, die NS-Herrschaft unbeschadet überstehen und sogar eine bedeutende Rolle bei der Befreiung durch die britische Armee im Mai des Jahres 1945 spielen.
Am 8. Oktober 1938 kam es zur ersten Einweisung von Theresia Simoner in das „Gaukrankenhaus“ Klagenfurt durch Dr. Weinländer. Am 13. November desselben Jahres erfolgte der Revers und sie wurde in Klagenfurt von ihrem Mann abgeholt. Am 23. Jänner 1939 schließlich die zweite Einweisung. Von nun an können wir ein „Lehrstück“ verfolgen, wie eine Frau und Mutter in den besten Jahren von NS-Ärzten und deren Helfern psychiatrisiert und dann ermordet wurde. Am 14. Oktober 1939 wurde ihr laut Akte ein in jeder Hinsicht „positiver Körperbefund“ attestiert. Auch im Akt zu lesen: massive Vorwürfe ihrerseits gegen Dr. Weinländer, den sie für ihre Situation verantwortlich macht. Das zentralste Thema sind für Theresia Simoner in den drei Jahren des Weggesperrtseins aber ihre Kinder. Immer wieder ist im Akt davon zu lesen, dass sie von ihnen spricht, sie vermisst und nach ihnen ruft.
Ende 1940 sind im Akt die Wörter „büßt Gewicht ein“ zu lesen. Das ganze Jahr über verschlechtert sich der Zustand der Obergailtalerin. Die Verschlechterung ihres Zustandes ist gewollt. Am 4. Dezember 1942 noch einmal der Vermerk: „stark abgemagert“. Am 29. Dezember 1942 um 16 Uhr schließlich ebenso zynisch wie kommentarlos die Eintragung: „Exitus“. Fast auf den Tag genau 42 Jahre nach ihrer Geburt kam Frau Simoner durch die NS-Ärzte und Schwestern zu Tode. Am 23. Jänner 1939 ist im Übrigen ein Schreiben von Dr. Weinländer im Klagenfurter „Gaukrankenhaus“ eingegangen. Darin bittet der Arzt darum, Besuch von Theresia Simoner fern zu halten, da ihre Familie (Stollwitzer) bei bisherigen Besuchen anscheinend den Eindruck hatte, als wäre die
Frau „ganz vernünftig“ und dass sie „widerrechtlich in der Anstalt festgehalten“ werde. Weinländer argumentiert diese fragwürdige und folgenschwere Bitte mit dem Hinweis, dass sonst „Gerüchte gestreut“ würden. Theresia Simoner ist auf jeden Fall nicht die einzige Person, die in einem Gailtaler Ort als unangepasst oder lästig galt und deshalb manchen ein Dorn im Auge war.
Quelle:
Gitschtaler, Bernhard (Hg.) (2015): Ausgelöschte Namen. Die Opfer des Nationalsozialismus im und aus dem Gailtal – Ein Erinnerungsbuch. Otto-Müller Verlag, Salzburg, S. 94ff